1. Bau eines neuen Schulgebäudes 1890
Da
sich immer mehr herausstellte, dass die bisher als Schullokale gebrauchten
Räume nicht den
wachsenden Anforderungen der Zeit entsprechen, so wurde in diesen Jahr mit dem
Bau eines neuen
Schulgebäudes in der Bornklagengasse begonnen. Das neue Gebäude war auch zur
Unterbringung
einer Anzahl von Mädchenklassen der Volksschule bestimmt.
Am
4. Januar wird das Mädchenschulgebäude in der Bornklagengasse seiner Bestimmung
übergeben.
Die Mädchenklassen der Volksschule siedeln von der Eisenacher Straße nach dem
neuen Gebäude
über. Im Lehrerkollegium fand keine Veränderung statt. Die Zahl der Kinder, die
die Volksschule be-
suchten, nimmt immer mehr ab, da das mit jedem Jahr geringer werdende
Schulgeld der Bürgerschule
es vielen Eltern ermöglicht, ihre Kinder dieser Schule zuzuführen.
Die neue Mädchenschule
Das Gebäude hat eine Länge von 40 Metern und eine Tiefe von 14 resp. 19 Metern.
Seine Längsachse ist von Süden nach Norden gerichtet und haben die Klassen teils
Morgenlicht, Nachmittagslicht. Die Hauptfront des Gebäudes ist der Bornklagengasse
zugewendet. Das Gebäude enthält im Souterrain Wohnung für den Kastellan, die
Zentralheizung fürs ganze Gebäude und diverse Kellerräume. In den darüber liegenden
3 Etagen befinden sich 18 Klassen von je 60m² Bodenfläche, 1 Konferenzzimmer,
1 Zimmer für Biologie und 1 für das physikalische Kabinett. Für die Bauausführung
wurde der seiner Zeit bei der Wettbewerbung preisgekrönte Entwurf des Architekten
Wendorff in Leipzig gewählt und die Bauleitung den Architekten Gans aus Berlin
übertragen. Die Zentralheizung ist eine Niederdruck-Dampfheizung von Bechem Post
in Hagen. Die Ventilation der Klassen geschieht durch geräumige Ventilationsschächte.
Die vorhandenen 18 Klassen sind verteilt:
Mädchen- Bürgerschule: 6 Klassen
Mädchen- Volkschule: 11 Klassen und
1 Klasse für weibliche Handarbeiten.
In diese Räume sind eingezogen 320 Kinder der Mädchen- Bürgerschule und 724 Kinder
der Mädchen-Volksschule.
Bilder aus dem
Stadtarchiv
2. Einführung des neuen Bürgermeisters der Stadt Langensalza
(Eintrag in der Stadtchronik)
Zufolge
Benachrichtigung seitens Eures Wohllöblichen Magistrats wird die Einführung des
neuen
Bürgermeisters Herrn Wiebeck morgen Mittwoch, den 10. März Vormittags 11
½ Uhr
auf dem
Rathaus stattfinden und lade ich die Herren Stadtverordnete hierdurch ergebenst
ein, dieser Akte
beizuwohnen.
Langensalza, am 9. März 1886 gez. Eduard Weiß - Vorsitzender
3. Gedenken an Oskar Wiebeck
Aus Anlaß des 6. Langensalzaer Heimattreffen wollen wir eines Mannes gedenken,
der 33 Jahre die Geschicke
unserer Kreisstadt geleitet hat, des
früheren Ersten Bürgermeisters Oskar Wiebeck, des Ehrenbürgers von
Langensalza. In der unteren Otto-Winter-Straße
(früher Langestraße) gegenüber dem bald 500-jährigen Hotel
zum Schwan befindet sich ein zwei Meter hoher
und 50 Zentner schwerer Block aus unserem heimischen Tra-
vertin. Er trägt eine Bronze-Plakette mit
dem Bildnis von Wiebeck und der Inschrift:
Ihrem Bürgermeister Oskar Wiebeck
1886 – 1919 die dankbare Stadt Bad Langensalza.
Als Wiebeck, damals Kämmerer der Stadt Tilsit, in verhältnismäßig jungen Jahren
am 12. März 1886 sein Amt als
1. Bürgermeister übernahm,
warteten seiner zahlreiche, bedeutende Aufgaben. Sein erstes Werk war die
Errich-
tung der Brauhofschule
1890-1892. Es folgte die Anlage des neuen Friedhofes mit Kapelle, die Erbauung
des Dia-
konatsgebäudes in den Anlagen,
die Gebäude für die Anna Hahn’ sche Stiftung, des Schlachthofes.
1894 verlor Langensalza seine langjährige Ulanen-Garnison, nur 5 Jahre später
hatte sein Bemühen für eine ande-
re Garnison Erfolg, als die 2
ersten Schwadronen des damals neu aufgestellten Jägerregiments zu Pferde Nr. 2
in
Langensalza einzogen, dem 1905
nach erfolgtem Grundstückserwerb für die neue Kaserne und deren weiträumige
Fertigstellung das volle
Regiment folgte. Der große Exerzierplatz am „Böhmen“ wurde abgelegt, der
Schießstand
wurde gebaut, ihm folgten das
Proviantamt, das Offiziers - Kasino am Teich und schließlich das Lazarett.
Welche
Sorge hatten die
Vertragsabschlüsse mit dem Militärfiskus bereitet, die Beschaffung der
Millionenkredite, deren
die Stadt bedurfte. Es soll
auch die Fürsorge unvergessen sein, mit der der Bürgermeister auf das Wohl der
Stadt
bedacht war, wusste er doch bei
jedem neuen Vertragsabschluß immer die Verlängerung der 30-jährigen Vertrags-
dauer voranzustellen in der
Voraussicht, der Stadt nach der Tilgung der Amortisationsdarlehen eine
beständige Ein-
nahmequelle aus den
Mietserträgen der Garnisonanstalten sicherzustellen, abgesehen von dem sonstigen
Nutzen,
den die Garnison für das
Geschäftsleben im Gefolge hatte.
Freilich legte die Erlangung der Garnison der Stadt auch große Opfer auf, indem
die Forderung der Herstellung ei-
ner Wasserleitung und
Kanalisation erhoben wurde, heute und schon damals ein Segen für die gesamte
Einwohner-
schaft. Ehe aber die Vorteile
der neuen Anlagen erkannt wurden, welche Anfeindungen und Schwierigkeiten bei
der
Ausführung der Rohrverlegung in
den felsigen Untergrund, auf dem die Stadt gebaut ist, waren zu überwinden. Die
durch die Aushebung der
Rohrgräben bedingte Umwälzung in den Straßen, hatte wiederum die planmäßige und
völli-
ge Erneuerung des
Straßenpflasters zur Folge. Und schließlich waren alle Bürger stolz auf ihr
vortreffliches Pflaster
und die zementierten breiten
Bürgersteige, eine Zierde der Stadt.
Mittlerweile war der Stadt die reiche Stiftung des Ehrenbürgers Friedrich Hahn
zugefallen, wobei Wiebeck das Ver-
trauen des hochherzigen
Stifters zu rechtfertigen wußte, daß seine Stiftung ohne einengende
Bestimmung über-
lassen wurde. Als erste Wohltat
hieraus erstand das mustergültige Freischwimmbad an der Böhmenstraße.
1912 erfolgte der Bau des Mittelschulgebäudes, der Bau der Kleinbahn nach
Kirchheilingen, die Errichtung des Fami-
lien-Alumnats in der Moltkestraße. Für
die Schaffung von Spiel- und Sportplätzen folgte der Grunderwerb hinter dem
Schützenhause und der
Geländetausch mit der Schützengilde.
Neben all diesen umfassenden Aufgaben nahm er sich noch die Zeit als Mitglied
des Provinzialausschusses der Pro-
vinz Sachsen, der Bezirks – und
Kreisausschusses tätig zu sein. 1912 erhielt er die 4. Stufe des Roten
Adlerordens.
Bei all seiner Tätigkeit fand er den Rückhalt und die Unterstützung seiner verständnisvollen Ehefrau.
Bei der Revolution 1918 wurde er zur unfreiwilligen Abdankung gezwungen, die
Entscheidung der Regierung rief ihn
aber auf seinen Posten zurück.
Die ihm widerfahrene unverdiente Kränkung hat er wohl nie überwinden können, am
1. Juli 1919 trat er zurück .
1925 wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen. Unter Bürgermeister Erich
Kraushaar konnte der Verschönerungs-
verein das bereits erwähnte
Denkmal in die Obhut der Stadt übergeben. Wegen seiner Verdienste um die
Schaffung
eines Waldgürtels um die
Kreisstadt erhielt die von ihm vom neuen Friedhof zum Böhmen geschaffene Allee
den Namen
„Wiebeck – Allee".
Oskar Wiebeck starb am 17. Feburuar 1932 in Friedrichsroda, im Thüringer Wald.
(Aufgezeichnet vom Heimatkreisbetreuer nach Unterlagen, die
uns von der Tochter Margarete Wiebeck
überlassen wurden)
(Quelle: Stadtarchiv von Bad Langensalza, F 543, S. 10/11)
4. Würdigung von Oskar Wiebeck
Als
die Denkmalshülle gefallen war, deklarierte die Schülerin der Mittelschule
Irene Niebergall das folgende Gedicht:
Dem Bürgermeister Wiebeck
Nun steht in Erz und Stein gegründet
dein Nam’ und Bildnis vor uns hier;
daß es der Nachwelt stets verkündet,
was wir verdanken, Bürgermeister Wiebeck,
dir!
Als du vor 49 Jahren
in Langensalza zogest ein,
war’s übel durch die Stadt zu fahren,
hier auf so schlechter Straße buckligem
Gestein.
Jetzt ist das Pflaster gut imstande,
ein Schmuck für unsere Heimatstadt,
so daß im weiten deutschen Lande
das Straßenbild nur selten seinesgleichen
hat.
Elektrisch Licht und Wasserleitung,
des Jägerregimentes Pracht,
des Wilden Grabens Überwölbung:
das hat dein Weitblick segensreich für uns
geschafft.
Und was den Bürger jetzt erfreut:
der Rundgang um die Stadt herum,
die Schulen, die du neu gebauet,
das alles kündet unvergänglich deinen
Ruhm.
Wir achten es als ein Vermächtnis,
was du für Langensalz’ getan;
wir halten hoch stets dein Gedächtnis
in deutscher Bürgertreu’ und Dankbarkeit
fortan.
(Quelle:
Archivbücherei der Stadt Bad Langensalza Nr. D 222/24,
aus der Tageszeitung vom 11.06.1935)
5. Brauhofschule erhält verpflichtenden Namen
Bad Langensalza (TA)
Gegenwärtig
noch umhüllt, wurde in den frühen Morgenstunden des gestrigen Dienstages
das Wiebeck-Denkmal wieder an seinem ursprünglichen Platz aufgestellt, dort, wo
die
Lange Straße in den Wiebeckplatz mündet. Mit handwerklicher Meisterschaft wurde
es
von den TRACO-Werkern aus einem 2,10 m hohen und 1,25 m breiten Travertinblock
dem Original getreu nachgestaltet. Das Denkmal ehrt Oskar Wiebeck, der sich von
1886
bis 1919 als Bürgermeister um die Stadt und ihre Bürger verdient machte.
Am Sonnabend um 10 Uhr soll das Wiebeck-Denkmal feierlich enthüllt werden. Zu
diesem
Ereignis ist die Bevölkerung eingeladen. Bereits am Vorabend findet in würdiger
Form die
Umbenennung der Brauhofschule in Wiebeckschule statt.
(Quelle: Thüringer Allgemeine vom 06.05.1992, Seite 1)
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